Ich darf vorstellen: „Robin“. Der Van ist unser „Dach über dem Kopf“ für die Zeit in Neuseeland.
Es ist einweißer Toyota Hiace Regius aus dem Jahr 2000 mit Hochdach und langem Radstand. Der 3-Liter Diesel Motor hat schon einiges auf dem Buckel, 422.000km, aber schnurrt wie ein lauter Kater und leistet 91 kw (124PS) 🙂 Die Automatik-Schaltung ist etwas langsam aber gerade für die erste Zeit im Linksverkehr eine mega Hilfe.
Der Van ist 4,99m lang, 1,69m breit, 2,27m hoch und wiegt leer 1,7 Tonnen.
Als Luxus gibt es eine Klimaanlage (die nicht geht, aber es ist Winter 🙂 ) und ein Radio mit AUX-Eingang! Eine Sitzheizung gibt es nicht, aber wir sitzen direkt über dem Motor, dass passt auch 🙂
Im hinteren Bereich des Van ist eine kleine Küchenzeile mit Waschbecken, 2 Gas-Feldern und einem kleinen Ofen für Pizzen oder sowas. Außerdem gibt es eine herausnehmbare Bank.
Der Rest des Wagens ist mit einem vollständigen Bett mit richtiger Matratze versehen. Der Bereich unter dem Bett ist Stauraum für Gepäck, Essen und, Kochutensilien und was man so noch braucht.
Robin hat die WOF (eine Art TÜV) bis November 2017.
Der erste Freitag in Neuseeland (16.06.) startete mit einem Besuch in einem Tattoo Studio ca. 2km von der Unterkunft entfernt. Nach einer Brandwunde aus Chile und einer OP-Narbe aus Panama war es Zeit für ein selbstbestimmtes dauerhaftes Andenken, in Neuseeland in Form eines Maori-ähnlichen Motives (ein echtes Maori-Motiv finden echte Maoris nicht toll, weil es ihre Kultur zerstört). Sicher war ich mir bei dem Studio trotz vieler guter Bewertungen nicht, aber wir gingen trotzdem hinein, besprachen ein Motiv und vereinbarten einen Termin für den kommenden Montag.
Der Rückweg zu unserer Unterkunft führte wieder über den chinesischen Supermarkt. Neben dem Gemüse wollten wir auch den Fisch probieren, der zum Glück gleich vor Ort filetiert wurde. In einer Lagerhalle nebenan befand sich ein Laden für alles Mögliche, dem wir dann auch noch einen Besuch abstatteten um zu schauen, was wir für den Camper dort besorgen könnten.
Mit vollgepackten Taschen kamen wir gegen 12 Uhr wieder an der Unterkunft an und fingen an zu kochen, für drei Tage, damit wir am Wochenende die Küche der indischen Familie nicht unnötig lange blockieren. Der restliche Nachmittag ging dafür drauf, nach Autos zu schauen und mögliche Verkäufer anzuschreiben.
Kurz vor 5 sind wir dann noch in den Winstone Park gegangen. Der Park ist eine Art Hügel, die Aussicht auf die umliegenden Industriegebiete und der fernen „Skyline“ der Innenstadt ist leider nicht so dolle gewesen.
Immer noch vom Jetlag geplagt, gingen wir früh schlafen.
Wolken über Auckland
Am Samstag standen wir früh auf, um mit dem Bus zur „Auckland City Car Fair and Car market“ in der Alten Road zu fahren. Der Automarkt ist in der Nähe der Uni und gelinde gesagt ein Witz. Es standen vielleicht 15 Autos verloren auf einem Parkplatz, 3 davon waren Campervans – aber keiner sagte uns zu. Die Vans waren zu klein.
In der Innenstadt besorgten wir auch für Judith einen Prepaid-Telefonkarte von Spark und gingen noch zurBackpacker Carworld, einem auf Campervans spezialisierten Autohändler. Es gab tatsächlich ein Auto was uns prinzipiell zusagte (ein Toyota Hiace Benziner mit 313000km und einer guten Camperausstattung) aber der Preis von 14.000 NZD, rund 9000 Euro, schreckte uns ab. Am Nachmittag schauten wir uns noch ein Auto von einem französischen Pärchen an, was aber leider auch zu klein war. Die Autobesichtigung fand in der Nähe der New Lynn Mall statt, in die wir dann noch einkaufen gingen. In der Unterkunft wartete zum Glück fertiges Essen auf uns 🙂
Sonntag morgen war wieder früh aufstehen angesagt und diesmal war das Ziel der Ellerslie Car Market. Eine ganz andere Liga als der Markt am Vortag, mehr als 100 Autos und auch ca. 10 Campervans. Ziemlich schnell fanden wir auch ein für uns passendes Auto – auch ein Toyota Hiace. Der Van wurde vom belgischen Vorbesitzer letztes Jahr gekauft und dann aus- bzw. umgebaut. In unseren Augen auch sehr professionell mit guten Materialien. Im Vergleich zu dem Auto am Vortag sollte dieser 9.900 NZD kosten, hatte aber kein self containt Zertifikat und keine 230V Stromversorgung/2. Batterie. Dafür war aber das Bett ein echtes Bett und auch so alles sehr hochwertig. Wir schauten uns noch die anderen Autos an aber der Toyota war die einzige Option – für uns auch eine sehr realistische. Es gab auch eine umfassende Dokumentation über durchgeführte Wartungsarbeiten usw. Also fuhren wir mit dem Van zu einer Inspektion direkt auf dem Gelände des Automarktes, bezahlten 140 NZD (91 Euro) und wussten ca. eine Stunde später, dass das Auto keine großen Mängel hat. Da einige kleine Dinge notwendig sind, einigten wir uns auf 9700 NZD (6300 Euro) und fuhren mit dem Besitzer (Robin) zu unserer Unterkunft. Für Robin und für uns war es am besten, eine Überweisung auf sein belgisches Konto vorzunehmen, das spart zwei mal den Währungs-Umtausch-Verlust. Die Übergabe des Autos vereinbarten wir für den kommenden Dienstag.
Den Rest des Tages nutzen wir, um unsere Lebensläufe für Workaway zu vervollständigen und die ersten drei möglichen Hosts im Norden der Nordinsel anzuschreiben. Für alle, die Workaway nicht kennen: auf der Plattform bieten Menschen eine Unterkunft und Essen an und die Gegenleistung sind ca. 4 Stunden Arbeit am Tag. Die Arbeit kann alles mögliche sein: Kochen, Gärtnern, Putzen, Handwerken, Kinder behüten usw.
Am Montag den 19.06. klopfte früh um 4 Uhr der Jetlag an die Tür, wir waren hellwach 🙂 Durch die 10 Stunden Zeitverschiebung nach Deutschland war das aber eine gute Zeit, um unsere Familien anzurufen, was wir dann auch mitten in der Nacht gemacht haben.
Kurz nach 9 Uhr starteten wir dann zur Kiwibank, um zu erfahren, ob es dort eine Autoversicherung für uns gibt. Ergebnis: leider nein – nur für Einheimische. Der Bankberater empfahl uns aber die Versicherung des AA, der neuseeländischen Alternative zum ADAC. In der dritten Filiale und einige Busfahren und Laufkilometer durch stinkende Gewerbegebiete später konnten wir dann AA Mitglied werden und auch eine Versicherung abschließen, 270 Euro für eine Art Vollkasko-Versicherung. Beim Rückweg mit dem Bus verpassten wir die richtige Haltestelle und mussten ein paar Meter extra laufen. Zeit für ein richtiges Essen war dann leider nicht mehr – die Pies aus einer Imbissbude waren aber auch nicht die Besten der Stadt, eher im Gegenteil. Kurz nach 14 Uhr machte ich mich dann auf zum Tattoo Studio während Judith in der Unterkunft blieb um am Reisetagebuch zu schreiben. Ich war ziemlich nervös aber Julian machte einen routinierten Eindruck. Er hatte einen ca. 15cm langen Entwurf gemalt, den ich auch so gut fand 🙂 Nach 90 Minuten, von denen die ersten 10 Minuten nicht so angenehm waren, war dann das „Kirituhi“ fertig. Julian erklärte mir noch, was ich in der ersten Zeit machen muss, um das Tattoo zu pflegen.
Zurück in der Unterkunft entstand dann u.a. dieser Text.
Am Dienstag wollte Robin uns gegen 12 Uhr sein Auto vorbeibringen und wir wollten den restlichen Papierkram machen. Es dauerte jedoch bis ca. 14:30 Uhr eher er bei uns eintraf. Nach einer Erklärung zu ein paar Dingen am Auto (Wasser/Abwassersystem, Öl und Kühlwasser) füllten wir noch die Ummeldung aus und fuhren gemeinsam zur Post – 10 Minuten später war das Auto auch offiziell unseres 🙂
Robin fuhr mit dem Bus weiter und wir erst einmal zurück zu Unterkunft.
Da der Check vor dem Ankauf ein paar „Baustellen“ ergeben hatte, entschieden wir uns zu der Werkstatt zu fahren, bei welchen auch Robin den Van schon in Schuss bringen lassen. Die erste große Fahrt 🙂 Allerdings dauert es ein wenig, bis wir die Werkstatt gefunden hatten, bzw. die Zufahrt zu dieser. Da wir auch schon in die Hauptverkehrszeit reingekommen waren, wollen wir auch nicht mitten auf der Straße drehen sondern sind zwei mal jeweils 2km bis zum nächsten Kreisverkehr gefahren, um auf die andere Straßenseite zu kommen. In der Werkstatt (Barry Clarke) vereinbarten wir einen Termin für Freitag früh – wäre auch per Telefon gegangen, aber so gab es die erste Fahrpraxis.
Chinese Food
Mittwoch früh gingen wir erst einmal noch zu den beiden Asia-Märkten unweit unserer Unterkunft, um noch fehlende Sachen zu kaufen: ein Mülleiner, einige Küchenutensilien und Isolierband. Leider gab es keine Bettdecken, die wir angesichts der Jahreszeit noch zusätzlich kaufen wollten. Zum Mittag gingen wir zum ersten mal in Neuseeland essen – in einem asiatischen Restaurant im Gewerbegebiet – hat sich richtig gelohnt und war lecker, das Restaurant war auch voll und wir die einzigen „Europäer“. Mit unserem Van, den wir zwischenzeitlich einfach Robin getauft hatten (wie sein Vorbesitzer) fuhren wir zu einem Bettenladen. Dort gab es leider nur Betten aber keine Decken. Der freundliche Verkäufer empfahl uns aber einen Laden, den wir dann auch einem Besuch abstatten. Im „Bed Bath & Beyond“ wurden wir auch fündig, dank der aktuellen Ausverkaufsphase bekamen wir neue Kopfkissen und Bettdecken auch richtig günstig. Der nächste Stopp war dann eine Outlet-Mall, um zusätzlich Schlafsäcke zu kaufen. Dort war es leider viel zu teuer. Zum Glück war gegenüber eine weitere Filiale von „Bed Bath & Beyond“, in welcher wir kurzerhand einfach noch zwei Decken besorgten. Leider gab es auch dort kein Bettbezug, der wir für erschwinglich hielten (65 Euro für ein Set).
Den Donnerstag Vormittag, es regnete stark, nutzen wir um noch ein paar Work-Away Angebote zu durchsuchen und auch einige Hosts anzuschreiben. Bisher gab es noch kein positives Feedback von den vorherigen „Bewerbungen“. Kurz vor Mittag machten wir uns dann noch mal zu den Asia-Läden vom Vortag auf, da dort Bettwäsche für 13 Euro zu haben war. Vor Ort stellen wir aber fest, dass diese nicht ganz passte. Da wir noch einen Fön kaufen wollten, ging es zu einem großen Laden für alles mögliche – dort gab auch Bettwäsche aber entweder die Größe stand nicht eindeutig drauf oder war viel viel viel zu groß. Einen Fön gab es auch nicht. Durch den Nieselregen also wieder zurück zu, in Ostdeutschland würde man sagen: Fidschi-Laden, um einfach den Bettbezug eine Nummer zu groß zu kaufen. Während am Nachmittag die Waschmaschine und der Trocken auf Hochtouren liefen, kümmerten wir uns im „Robin“: Bett neu beziehen, unsere neuen Sachen verstauen, Scheiben putzen und einfach ein wenig einrichten. Es sieht schon richtig gemütlich aus 🙂
Am 11.06.2017 startete Teil zwei der Reise. Mit dem Auto meiner Schwester holte ich Judith bei ihren Bruder ab (zum Mittag gab es Jägerschnitzel) und um ca. 14:30 Uhr starteten wir in Hann.Münden. Kaum auf der Autobahn Richtung Frankfurt standen wir auch im Stau, der bis Kassel andauern sollte.
Erst kurz nach 17:00 Uhr kamen wir in Dieburg an, holten noch mein Gepäck und dann meine Schwester im Freibad ab (dort gab es noch ein mitgebrachtes Rotwurst-Brot) und fuhren mit ihr zum Frankfurter Flughafen.
Von der automatischen Gepäckaufgabe schickte man uns wegen unserer Rucksäcke zur Gepäckabgabe „mit Menschen“. Sehr gut, dort bekamen wir auch richtige Tickets 🙂
Bevor wir zum stressfreien Security-Check gingen, saßen wir noch für sicher eine Stunde in einem Restaurant, tranken mitgebrachten Cider und buchten einen Flug aus Neuseeland nach Australien (ein Weiterflugticket ist eine Einreisebedingung). Das WLAN war zwar gratis aber gefühlt das Langsamste aller Flughäfen. Selbst im Mini-Flughafen von Quito war das anders.
Nach 90 Minuten Wartezeit am Gate startete das Boarding in den Airbus A380 – unsere Sitze waren in der oberen Etage. In der Gepäckablage direkt über unseren Sitzen entdeckten wir Hausschuhe und schnappten uns gleich zwei davon. Kurze Zeit später fragte uns ein anderer Passagier, wo wir die her haben. Als ich ihm auch ein Paar reichen wollte, kam jemand von der Crew, um uns darauf hinzuweisen, dass es Schuhe für die Business Class waren. Unsere durften wir trotzdem behalten 🙂 Der erste Flug mit der Lufthansa nach Hongkong ging um 22:10 Uhr pünktlich in die Luft und war zwischenzeitlich ziemlich ruckelig. Dafür war der Stuart echt ein Netter und zumindestens das Abendessen für Flugzeugessen richtig gut.
Nach rund 10 Stunden war dann Hongkong erreicht – Ortszeit 15:00 Uhr. Wir hatten knapp 4 Stunden Aufenthalt, die wir dazu nutzen uns die Beine zu vertreten und etwas lokales zu essen – Nudelsuppe mit Stäbchen 🙂 Für ein Schnäppcheneinkauf bietet sich der Flughafen nicht an. Kamerazubehör hatte jedenfalls auch im Dutyfree-Bereich einen vergleichbaren Preis zu Deutschland. Kurz nach 19 Uhr startete der zweite Nachtflug mit Ziel Auckland.
Beim Boarding musste ich mein Visa und auch mein Weiterflugticket vorzeigen – war also gut das in Frankfurt schon zu buchen. Die erste Flugstunde war dann geprägt von Turbulenzen – langsam reicht das für dieses Jahr..
An Schlafen war auch diesmal nicht wirklich zu denken, obwohl wir total fertig waren. Zum Glück war dann am Dienstag,, 13.06. um halb 10 Neuseeland erreicht. Die Einreise verlief echt problemlos, der Grenzbeamte hat uns offenbar auch angesehen, dass wir müde waren und scherzte sogar mit uns. Auch bei der Bio-Security gab es keine Probleme, ein Blick auf unsere gut geputzten Schuhe war genug 🙂
Auch auf dem Fußweg richtig laufen 🙂
Nach dem wir noch eine Telefon-Karte gekauft hatten, ging es mit den Bus in Richtung unserer ersten Unterkunft. Wir konnten vor der Abfahrt dem Fahrer sagen, wo er anhalten sollte und das hat er auch gemacht. Nach 10 Minuten zu Fuß (teilweise durch Regen..) waren wir am Ziel. Mit den Besitzern hatten wir vereinbart, dass sie uns den Schlüssel hinlegen – nur wo stand nicht fest. Zum Glück hatten wir schon die Telefonkarte und schnell meldete sich auch die Tochter der beiden Besitzer und wir fanden den Schlüssel. Eine warme Dusche später fühlten wir uns auch wieder fast normal und gingen erst einmal in den nahe gelegenen Supermarkt um etwas Essen für die ersten Tage einzukaufen. Dort wurden wir von den Preisen überrascht, denn für rund 40 Euro gab es nicht allzu viel – hatten wir von unserer ersten Reise nicht so in Erinnerung.
Eigentlich hatten wir uns vorgenommen bis mindestens 18 Uhr wach zu bleiben, damit der Jetlag nicht so schlimm wird – aber keine Chance. Kurz vor 16 Uhr ging nix mehr und erst am nächsten Morgen gegen 08:00 Uhr standen wir wieder auf. Nach dem Frühstück ging es mit dem Linienbus in die Innenstadt. Während der 30 Minuten Fahrt ging es gefühlt 10 Minuten nur an Werbeschildern auf Mandarin vorbei – es sah aber gar nicht nach China-Town aus. Dennoch der erste Eindruck: die Chinesen haben sich in Auckland eingekauft. In der Innenstadt wollten wir zu erst ein Bankkonto eröffnen. Das sollte aber an diesem Tag noch nicht klappen. Eine Bank gab uns einen Termin für den Freitag und eine weitere Bank empfahl uns, etwas außerhalb von Downtown ein Konto zu eröffnen – das erwies sich als guter Ratschlag.
In der Touristeninformation deckten wir uns mit Flyern ein und kauften in einem nahe gelegenen Shop eine HOP Karte für den Bus, mit welcher die Busfahrten auch günstiger sind. Was uns eher negativ aufgefallen war: die Stadt war relativ voll und an jeder Ecke wurde gebaut, wodurch es sehr laut war. In unserer Erinnerung war Auckland zwar eine Millionenstadt aber alles war weitläufig verteilt und es war leiser.
Entspannung am Hafen
Mit einem Kaffee in der Hand ging es dann an den Queens-Pier – die Sonne und dort auch die Ruhe genießen 🙂 Gegen 14 Uhr machten wir uns dann auf den Rückweg durch das Zentrum zu der Bushaltestelle und fuhren zurück zur Unterkunft. Auf dem Rückweg entdeckten wir ganz in der Nähe unserer Unterkunft noch eine Filiale der Kiwi-Bank (die gleichzeitig immer auch eine Post ist) und statteten dieser noch einen Besuch ab. Dort bekamen wir gleich für den nächsten Tag einen Termin – 10 Uhr morgens. Wir sollten unsere Pässe und Visas mitbringen und ein „Proof of Address“, etwas womit wir unsere aktuelle Adresse nachweisen können. Wir fragen dann unseren Vermieter, ob er ein handschriftliches Schreiben verfassen könnte, in dem er uns bestätige, dass wir bei ihm wohnen. Seine erste Reaktion bzw. der Gesichtsausdruck ließ uns zweifeln, ob er es macht aber im Laufe des Abends bekamen wir das Schreiben vom ihm genauso wie eine aktuelle Rechnung der Wasserwerke. Perfekt 🙂 Außerdem verriet uns Xavier, dass es in der nähe noch einen günstigen chinesischen Supermarkt gibt.
Unsere beiden Gastgeber Doreen und Xavier sind auch so richtig richtig nett gewesen. Beide sind Lehrer und kommen ursprünglich aus Indien (was man in der Küche auch riecht 🙂 ) Wer als mal nach Auckland kommt und nicht direkt in Downtown übernachten will, ist in Mt Roskill richtig.
Den Abend nutzen wir dann, um Judith ihren Lebenslauf zu aktualisieren und nach Autos zum Kauf zu suchen.
Am Donnerstag, 15.06., wachten wir kurz nach 09:00 Uhr erschrocken auf – wir hätten doch einen Wecker gebraucht 🙂 Da wir aber gesehen hatten, dass das Terminbuch bei der Kiwibank nicht so voll war und wir außerdem in Neuseeland sind, machten wir uns keinen Stress und waren noch im akademischen Viertel bei der Bank. Die Kontoeröffnung war echt problemlos und Judith konnte auch gleich ihre Steuernummer beantragen. Von der Kiwibank aus wollten wir eigentlich direkt zu dem chinesischen Supermarkt gehen – aber das wurde so schnell nix. In einem Wohngebiet sahen wir einen älteren Mann in einem Grünstreifen zwischen Fußweg und Straße liegen. Sein Rollstuhl lag auf ihm und das Gesicht war einseitig voller Blut. Kurz zuvor musste Peter gestürzt sein, auf der Stirn klaffte eine große Wunde. Eine vorbei kommenden Frau baten wir, einen Krankenwagen zu rufen, worauf hin sie nach Hause zurück ging und 2-3 Minuten später mit ihrem Mann wieder an Ort und Stelle war. Das Telefonat mit der Rettungszentrale irritierte uns, denn offenbar brauchte es ca. fünf Minuten an Argumentation, bevor ein Krankenwagen losgeschickt wurde. Dieser war dann zum Glück relativ schnell da, denn Peter drängte uns die ganze Zeit, ihn in den Rollstuhl zu setzen, damit er fahren kann – „I can fix it myself“.. No! Mit dem Krankenwagen wurden er dann in ein Krankenhaus gefahren, denn die Wunde musste gesäubert und genäht werden. John, der Mann der Frau welche den Notdienst gerufen hatte, lud uns dann für die nächsten Tage noch auf einen Kaffee ein, da er ganz in der Nähe wohnte.
Was es nicht alles gibt: künstliches Fleisch mit Sauerkraut Geschmack..
Wir gingen aber erst einmal zur Unterkunft zurück und dann einkaufen. Der chinesische Supermarkt war auch echt günstiger als die große Kette zwei Tage zuvor, das Gemüse war auch nicht in Hochganz-Verpackungen verschweißt. Zum Mittag gab es dann ein Mix aus Möhren, Brokkoli, Mangold, Lauch, Knoblauch, Zwiebeln, Pilzen und chinesischen Nudeln 🙂
Durch die Lungenentzündung in Panama war an eine Weiterreise nicht mehr zu denken. Deshalb machen wir gerade eine Pause in Deutschland.
Die Zeit in der Heimat lässt sich super nutzen um:
Ostern und noch mehr Zeit mit der Familie zu verbringen
Freunde zu besuchen
wieder fit und gesund werden
Wurst essen!!!
Ärzte besuchen ( Stempel für das Zahnarztheft 😉 )
Steuererklärung machen um das Reisebudget aufzubessern
mit Behörden rumärgern
Urlaub im Harz und an der Ostsee machen
Ausrüstung ausbessern und ersetzen
rund 9000 km durch Deutschland kurven
Und natürlich: die weitere Reise planen!
Am 11.06. geht es von Frankfurt aus weiter nach Auckland, Neuseeland. Und dann mal schauen. Der bisherige Plan ist über den Haufen geworfen, der Rest ergibt sich dann spontan.
Um 13:30 Uhr war am 03.03.2017 Panama City erreicht, dem letzten Ziel auf dieser Seite der Welt. Für vier Tage hatten wir eine AirBnB Unterkunft gebucht – konnten dort aber erst 17:00 Uhr aufschlagen. Also vertrieben wir uns noch ein wenig die Zeit auf dem Flughafen und aßen in einem Diner mal wieder einen richtigen Burger. Die Freundin (Yauri) eines ehemaligen Arbeitskollegen von Judith wohnt in Panama und hatte uns für um 4 Uhr einen Taxifahrer organisiert, mit dem es dann auch pünktlich losging. Gefühlt sind in Panama City viele neue Autos unterwegs – aber die Straßen sind in einem schlechteren Zustand als in Ecuador oder Kolumbien.
Unser Unterkunft war in einem Wohnpark bestehend auf 7 Hochhäusern (3 Etagen Parkhaus und 17 Etagen Wohnen) und nach ein paar Minuten Warten im Eingangsbereich kam dann auch unsere Gastgeberin von der Arbeit. Perfekt 🙂 Unser Zimmer war noch nicht fertig, da am Vormittag erst anderer Gäste ausgecheckt hatten. Wir konnten es uns aber auf dem Balkon gemütlich machen und bekamen auch ein Bier serviert. So ließen sich die über 30 Grad aushalten. Nach einer Stunde war das Zimmer (mit Klimaanlage 🙂 ) dann auch fertig. Den restlichen Abend verbrachten wir dann auf dem Balkon – dort war es einfach am angenehmsten.
Am Samstag trafen wir uns um 10:00 Uhr an der nahe gelegenen U-Bahn Station mit Yauri um direkt Richtung Panama Kanal zu starten. Nach einer Stunde am Kanal angekommen stellen wir aber leider fest, dass in den Schleusen zu dieser Zeit keine Schiffe waren (uns wurde gesagt, dass erst am Nachmittag ab 15:00 Uhr wieder Betrieb ist). Wir sparten uns das Eintrittsgeld und machten uns zurück in Richtung Stadt. Dort zeigte uns Yauri dann die Altstadt bzw. das Viertel Casco Viejo. In dem kolonialen Stadtteil scheint richtig viel Geld zu stecken – jedenfalls kamen wir an Restaurants vorbei, in denen schon ein Wasser unser Tagesbudget sprengen würde 😉 Nach einem typischen panamaischen Mittagessen starteten wir erneut in Richtung Miraflores/Kanal und kamen dort um 16:30 Uhr an – nur um festzustellen, dass der letzte Einritt ab 16:15 Uhr war. Na gut, also machen wir das am nächsten Tag 🙂
Der Sonntag morgen startete dann gemütlich. Erst gegen Mittag – nachdem wir mit unserer Familie telefoniert haben –entschieden wir uns in der Albrook Mall shoppen zu gehen. Wir hatten zwar beide wenig Lust dazu, aber ich brauchte dringend eine neue Hose, da die alte nicht mehr passte. Die Änderung der Gewohnheiten und nicht mehr den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen zeigten ihre Wirkung. 🙂 Im vierten Laden fanden wir auch tatsachlich etwas passendes. Wieder zurück in unserer Unterkunft legte ich mich hin und Judith saß auf dem Balkon. Irgendwie war die „Erkältung“ wohl doch noch nicht ganz weg und da hilft nur Ruhe..
Am Montag, dem 6.3., wollten wir eigentlich noch mal zum Panamakanal, aber ich hatte die ganze Nacht quasi nicht geschlafen und war dementsprechend total fertig. Wir entschieden uns also auf den Kanal zu verzichten und Ich versuchte zu schlafen. Leider war kein Schlaf zu finden und dadurch wurde ich auch immer unruhiger. Das leckere Essen welches Judith zum Mittag gekocht hatte, Bratkartoffel als Delikatesse, gingen nur mit viel Anstrengung und nach Überredung rein.
In der kommenden Nacht konnte Ich wieder nicht schlafen. Zur Unruhe und rasenden Puls kamen irgendwann in der rechten Brust ein stechender Schmerz beim Einatmen hinzu. Judith wurde wach, weil ich so stark zitterte, das alles vibrierte. Das Fieberthermometer zeigte dann 39 grad und damit war der für diesen Tag geplante Flug nach Neuseeland leider hinfällig.
Stattdessen war es Zeit für einen Krankenhausbesuch.
In unserem am Vortrag bestellten privaten Taxi änderten wir die Fahrtrichtung, neues Ziel: Hospital Nacional im Zentrum von Panama City. Das Krankenhaus hatte Judith raus gesucht, da es englisch spreche Ärzte hat. Auch Dario, unser Fahrer, bestätigte die gute Wahl.
Tag 1 im Krankenhaus. Nicht so dolle.
Die Fahrt zum Krankenhaus dauerte rund 30 Minuten und war abenteuerlich. Dario gab richtig Gas, überholte an unmöglichen Stellen und hupte sich den Weg frei. Er fuhr wie ein Fluchtwagenfahrer und drehte sich trotzdem alle paar Minuten zu mir. Er registrierte wohl auch, dass ich in der kurzen Zeit ein Liter Wasser trank. Im Krankenhaus in der Notaufnahme war ich erstmal fast 3 Stunden in einem Untersuchungsraum. Die Lunge wurde geröntgt, Blut abgenommen und weitere Test gemacht. Die anfängliche Nasenmaske für den Sauerstoff wurde ziemlich schnell durch eine Nasen-Mund- Maske ersetzt. Der Arzt der Notaufnahme war irgendwann auch am Ende und rief einen Spezialisten hinzu. Dr. Marquez kam auch eine Stunde später. In der Zwischenzeit musste Judith alle möglichen Formulare ausfüllen, welche es nur auf Spanisch gab und erstmal 600 US Dollar Behandlungsgebühren bezahlen, bevor man überhaupt eine Finger rührten. Als sie feststellte, dass es WLAN gab, hat sie auch ganz freundlich nach dem Passwort gefragt, um die Versicherung zu informieren, Flüge umzubuchen, eine neue Bleibe zu suchen, die andere Unterkunft zu informieren. Leider stieß sie auf taube Ohren und bekam keinen Zugang. Ein Arzt bekam das aber mit und gab ihr über sein Handy Internetzugriff. Irgendwann durfte Judith dann auch zu mir in das Untersuchungszimmer – nur um kurze Zeit später zur nächsten Zahlung aufgefordert zu werden. 6.000 US Dollar sollten es sein. Bei ihrer Karte war das Limit erreicht, zum Glück gab meine das noch her. Im Laufe des Nachmittags ist sie dann wieder mit Dario zur alten AirBNB Unterkunft gefahren, um unsere 4 Rucksäcke zu holen, mehr als 50kg Gewicht. Ihr Gepäck brachte sie in ein Hotel 4 Blöcke vom Krankenhaus entfernt und meine Rucksäcke schleppte sie ins Krankenhaus – genauer bis in die Semi-Intensivstation, auf der ich mittlerweile lag. Am Abend gab es dann auch die Diagnose: ich hatte eine Lungenentzündung mit der Komplikationen, dass sich unter der rechten Lunge eine eitrige Flüssigkeit angesammelt hat. Dadurch konnte sich die Lunge auch nicht mehr richtig ausdehnen. Dr. Marquez nahm am Abend auch noch eine Probe der Flüssigkeit um festzustellen, ob man dieser mit Medikamenten beikommen kann oder eine Operation notwendig wird. Ergebnis: eine OP musste sein. Wir wurden vor die „Wahl“ gestellt: am nächsten Tag für 7.000 bis 8.000 Dollar in der Privatklinik operiert werden oder kostenfrei mit einer Woche Wartezeit im öffentlichen Krankenhaus. Der Zusatz: „diese Woche Wartezeit ist keine gute Idee“ – im Sinne von: das wird lebensgefährlich, nahm uns die Entscheidung ab. Noch am gleichen Abend kamen die beiden Chirurgen, im Nadelstreifenanzug, um mich anzusehen. Für den nächsten Tag wurde die OP auf 17:00 Uhr terminiert.
Über Nacht und am nächsten Tag versuchten die Pfleger das Fieber von mittlerweile 40 Grad in den Griff zu bekommen. Judith klärte mit ihrer Bank die Anhebung des Kreditkartenlimits auf 7.000 Euro die Woche (das Krankenhaus wollte weitere 5.000 Dollar) und füllte die Anmeldung für die Krankenkasse aus, zu der auch ihr Bruder aus Deutschland Kontakt aufgebaut hatte. Ihr Bruder hatte auch mit meinen Eltern telefoniert und beruhigt und unser finanzielles Polster erneut, wir wussten ja nicht, wie viel Geld das Krankenhaus noch haben will. Im Krankenhaus hatten wir immer noch kein Internet, weswegen Judith die Kommunikation aus dem Hotel erledigen musste. So viele SMS (ja, echte SMS) hab ich seit es mobiles Internet gibt nicht mehr geschrieben, im Ausland, Schnäppchen 🙂
An die ersten Tage im Krankenhaus kann ich mich kaum erinnern. Auch wenn ich wach war… die Schmerzmittel hatten wohl meinen Kopf ausgeschaltet. Was sich aber eingebrannt hat: am 8.3.2017 würde ich zum ersten Mal gewaschen. Im Bett. Seit dem habe ich eine Vorstellung vom altern in Würde. Hätte ich noch keine Patientenverfügung, jetzt würde ich eine ausfüllen. Vor der OP wurde noch ein CT Scan durchgeführt, der alle vorherigen Ergebnisse bestätigte. Die OP verschob sich aber immer weiter und irgendwann kam auch ein Pfleger der sagte, es laufe gerade noch eine Herz-OP. Ob damit nur der Operationssaal belegt oder unsere Ärzte beschäftigt waren, erfuhren wir nicht. Ich redete mir aber Option zwei ein 🙂 Judith ging noch mal in ihr Hotel und um 23 schrieb ihr der Anästhesist, dass es bald losgeht. Kaum eine halbe Stunde später war es auch soweit. Die OP war mit Vor- und Nachbereitung für 3 Stunden angesetzt. Ich war froh, dass Judith da war, als es losging und auch gegen 3 Uhr nachts, als ich zurück auf das Zimmer kam und aufwachte. Die OP verlief super und Judith wurde sogar während dessen informiert, dass es länger dauert. Ich weiß nicht, wie ich die 4 Stunden Wartezeit überstanden hätte. Diese Nacht verbrachte sie auch auf der Liege im Zimmer.
Am nächsten Tag, 9.3., checkte ich dann so langsam, dass noch mehr Kabel und Schläuche an meinem Körper sind, vor allem der daumendicke Schlauch an meiner rechten Seite, an dessen anderen Ende ein Auffangbehälter für die restliche Flüssigkeit war. Gegen 8 Uhr kam Dr. Marquez mit guten Nachrichten: die Werte waren besser, die Medikamente werden angepasst: hauptsächlich Antibiotika und Schmerzmittel. Ach ja, Funfact: vor der OP hat Judith die Ärzte gefragt, ob die sich die entzündeten Mückenstiche an meinem rechten Fuß anschauen können. Antwort: das Antibiotikum ist so stark, das macht das gleich mit. Jetzt wo die größte Gefahr gebannt ist, bekommen wir auch mehr Infos: die Letalität 2 Tage zuvor lag bei 10%, ich war dehydriert (trotz ca. 4 Liter Flüssigkeit an diesem Morgen) und langsam setzte eine Blutvergiftung ein. Die erste Schätzung, ab wann ich wieder fliegen darf, lautet auf 6 Wochen…. Woher die Krankheit kam konnte aber niemand sagen. Judith wurde auch an diesem Tag endlich zu dem Zuständigen für die Zusammenarbeit mit internationalen Krankenkassen vorgelassen. Craig, ein Ami, befördert mit seinem gesamten Verhalten unsere tiefe Abneigung gegen dieses dumme Volk. Letztlich steht dann aber Kontakt zwischen unsere Versicherung und dem Krankenhaus. Die Versicherung gibt eine erste Zahlungsgarantie (kurz GoP) in Höhe von 20.000 US Dollar ab.
Eine gesundheitliche Besserung tritt auch ein, der Puls wird normal, ebenso die Atmung. Dr. Marquez stellt für den nächsten Tag einen Umzug auf die normale Station in Aussicht. Es beginnen auch Behandlungen in Form von zwei verschiedenen Inhalationsübungen, die bis zum letzten Tag fortgeführt werden.
Der 10.03. ist dann tatsächlich ein Umzugstag. Ein gutes Zeichen. Auf der normalen Station gibt es auch WLAN, was wir erst mal zum telefonieren nutzen. Das Fieber ist auch weg. Nur die Schläfrigkeit bleibt die ersten Tage. Judith ist eigentlich die ganze Zeit mit Versicherungskram und Kontakt zum Reisebüro beschäftigt. Am zweiten Tag auf der normalen Station zieht sie mit auf das Zimmer, denn auch dort gab es eine Liege.
Die Kommunikation zwischen Krankenhaus und Versicherungen ist gelinde gesagt holprig. Immer wieder will jemand Geld von Judith. An einem Abend eskaliert die Situation fast. Gegen 19:00 Uhr klingelt das Telefon und auf schnellen Spanisch wurde Judith zugetextet bis sie sagt, dass es unverständlich ist. Kaum 30 Minuten später kommt ein Pfleger (Achso, die Ärzte können alle englisch, von den Pflegern nur einer ein wenig) mit jemandem von der Administration und verlangt 11.000 Dollar. Judith kann denen zum Glück erklären, dass wir eine Versicherung haben, die alles bezahlt.
Wir hatten immer den Eindruck, dass bei einer nicht Begleichung der Rechnungen ein Rauswurf droht..Diese Ungewissheit, gepaart mit den Kommunikationsproblemen veranlasste uns auch, die Krankenkasse einem medizinischen Rücktransport zu prüfen. Dieser wurde aber nach einigen Hin- und Her, Telefonaten mit der Malteser Flugrettung mit uns und Dr. Marquez abgelehnt. Das war nervig. Alles zwei bis vier Stunden auf spanisch nach Hilfe zu rufen“ nessesito ayudar con el piep piep“ (gemeint war die nervig piepende Infusionspumpe, wenn ein Beutel alle war) war nicht so prickelnd.
Die Nächte im Krankenhaus waren auch nicht so dolle. Schlafen auf dem Rücken ist doof. Noch viel doofer war aber, dass alle 2 Stunde die Tür aufgestoßen wurde, jemand hinein kam um Fieber oder Blutdruck zu messen oder einem Beutel zu wechseln – inklusive voller Festtagsbeleuchtung und dann beim Verlassen die Tür zuzuschlagen. Bäm, alle wach?
Die erste Runde im Krankenhaus
Ein paar Tage nach der OP bekam ich auch die Aufgabe zu laufen. Ein paar Runden über die Station. Am Anfang noch begleitet von Klinikpersonal und irgendwann alleine.
Am Abend des 13.3. sollte der Drainage-Schlauch durch einen dünneren Schlauch ersetzt werden. Dazu wurden vorab per Ultraschall zwei passende Einstichstellen ermittelt.Gegen 20:30 Uhr kam Dr. Marquez und probierte den kleineren Schlauch direkt im Zimmer bzw. Bett zu setzen, während Judith draußen wartete. Aber es kam nur Luft und keine Flüssigkeit, was den Doc Spanisch vorkam. So ging es etwa eine Stunde später zur Radiologie, um einen weiteren CT Scan zu machen. Zum CT Scan sollte ich liegend auf einem anderen Bett transportiert werden. Dazu kamen drei der maximal besten Leute auf Schlachthaus und stellten sich an wie die ersten Menschen. Als die drei die Transportliege abkippten, fiel die Sauerstoffflasche runter und rollte ein paar Meter. Dadurch kam auch Flüssigkeit in meine Nase – das war zu viel. Die drei von der Schlachtbank durften sich auf deutsch ein wenig was anhören. Dr. Marquez war weg, dafür aber der Radiologe und der Chirurg. Ergebnis: alles gut, Flüssigkeit ist quasi weg. Für diesen Tag blieb alles, wie es war.
Am nächsten Tag führte Dr. Marquez gegen 18 Uhr eine Bronchoskopie durch, die zweite Narkose und diesmal Aufwachen im Beobachtungsraum. Die Behandlung lief erfolgreich, aller Schleim war aus der Lunge raus. Ich kann mich kurz vor dem Eingriff noch an einen um den OP Tisch tänzelnden Dr. Marquez zur lokaltypische Musik erinnern – für mich war das ein Zeichen guter Entspannung und damit Sicherheit. Wieder auf dem Zimmer, kam der Chirurg und zog den Schlauch ohne einen neuen zu setzen. Parallel wurden alle Medikamente bis auf die Schmerzmittel und das Antibiotikum abgesetzt – ebenso die Nasenmaske. Die Medikamente gab es nur noch zeitweise so dass ich zu den anderen Zeiten frei beweglich war. Erleichterung. Auch konnte ich danach auf einer Seite liegen – die ohne Narbe. Achso Narbe, der Chirurg war ein Profi aber das Zunähen, naja, Judith hätte bei 100km/h im Bus in Ecuador über einen 4000 Meter hohen Andenpass wesentliche besser genäht. Egal.
Am nächsten Morgen hieß es dann: in 5 Tagen, am Montag Morgen wirst du vermutlich entlassen. Das klang super. Die Station durfte ich trotzdem nicht verlassen. Dafür aber die erste kurze Dusche seit einer Woche – eine Wohltat, auch wenn es anstrengend war.
Die restlichen 5 Tage plätscherten dann vor sich hin. Judith kümmerte sich weiter um Kommunikation mit der Krankenkasse wegen der Bezahlung und dem Rücktransport (der am Ende nix wurde), schrieb mal wieder im Tagebuch. Das Krankenhausessen ging irgendwann nicht mehr, Reis mit Reis in Reis, dazu Reis mit trockenem Toast und noch trocknerem Geflügel. Die kleinen Portionen Obst waren das beste. Also besorgte Judith richtiges Essen, richtigen Kaffe und Schoki, viel Schoki.
Ein paar Tage vor der Entlassung meldete sich auch die Malteser Flugrettung nochmal. Judith wurde am Telefon per Grüß Gott begrüßt – die Reaktion darauf hatte der Telefonist sicher nicht erwartet 😉 Bis auf gut Zureden und Beruhigungen kam bei dem Telefonat aber nichts raus.
Am vorletzten Tag bekamen wir auch die 11.000 Dollar auf die Kreditkarten zurück gebucht, natürlich mit einigen Hickhack, verursacht durch Unzulänglichkeiten der Krankenkasse..
Das Zimmer der normalen Station am Tag der Entlassung.
Zwei Tage vor der Entlassung kam mitten in der Nacht eine Schwester ins Zimmer (halb 1 ca.) und war der Meinung, den Venenzugang zu erneuern. Ich schlief schon, aber Judith war noch wach und schaute einen Film. Ich war genervt (wer auch immer mich schon mal aus dem Schlaf geholt hat, weiß das) und die Krankenschwester fragte dann noch etwas schnell auf Spanisch (wahrscheinlich ob sie den Klebestreifen schnell oder langsam abziehen soll) und ich ging sie an mit „Mensch, mach doch einfach!“, was die gute Frau natürlich nicht verstand. Aber der Tonfall war mehr als deutlich. Darauf hin rupfte sie die alte Kanüle ab, packte wortlos ihren Kram und verließ das Zimmer mit einem lauten Knall der Tür. Etwa eine Stunde später kam wieder das piep piep der Infusionspumpe und ich musste über die Fernbedienung wieder „Necesito ayudar con el piep piep piep“ sagen. Judith saß im Bett und lachte 🙂
Leider konnte ich noch kein Bier trinken, welches sich Judith heimlich schmecken ließ 😉
Am Wochenende vor der Entlassung buchen wir für eine Woche eine Airbnb Unterkunft in der Stadt (bei einem Deutschen!), fragen Dario ob er uns fahren kann und schauen schon mal nach Flügen Richtung Frankfurt. Wir hatten entschieden, eine Reisepause zu machen. Meine Konstitution hätte eine Weiterreise nicht erlaubt, sogar die Kraft den Rucksack anzuheben hat gefehlt.
Dr. Marquez – am letzten Tag.
Am Entlassungs-Montag wurde mir gehen 6:00 Uhr noch mal Blut abgenommen. Um 10 Uhr kam der Pfleger Richard und hängte mich zu unserer Verwunderung für 4 Stunden an den Tropf, noch mal Kochsalzlösung mit Antibiotika. Eine Stunde später kam Dr. Los Rios zum Fäden ziehen – eine Sache von kaum 5 Minuten. Erst nach 13 Uhr kam Dr. Marquez und sagte dass einer Entlassung nun nichts mehr im Weg stehe. Diese Wartezeit war unerträglich. Wir informieren die Unterkunft und Dario, dass wir später kommen. Mit Dr. Marquez vereinbarten wird noch einen Termin für den folgenden Donnerstag in seinem Büro, um mich noch mal untersuchen zu lassen und eine Flugtauglichkeitsbescheinigung zu bekommen. Nachdem der Tropf durchgelaufen war, kam auch Richard in das Zimmer um den Piep-Piep Apparat auszuschalten und uns meine Unterlagen samt einen Rezensiert für Hustensaft und Schmerzpillen zu geben. Der Venenzugang in der Hand darf Richard allerdings erst entfernen, wenn die „Mesa de Control“, soviel wie Rechnungsabteilung, mich freigegeben hat, sprich wenn die Rechnungen bezahlt sind. Das würde wohl noch etwa 1-2 Stunden dauern. Nach einer Stunde gehe ich zur „Rezeption“ vor und fragt mal wie lange es noch dauert – Geduld war nie meine Stärke 😉 Darauf hin geht Judith mit Richard zur Mesa de Control und ich muss Im Zimmer bleiben. Die zwei sind irgendwann wieder da, ich muss 4 Sachen unterschreiben und werde dann entlassen. Mit einem Rollstuhl geht es bis zur Cafeteria, die den Namen Bypass trägt. Ich bestelle für uns zwei Burger, denke ich jedenfalls. Es kommt Hähnchen mit Pommes. Judith löst noch das Rezept ein und die restliche halbe Stunde Wartezeit verbringen wir draußen. Nach zwei Wochen im klimatisierten Krankenhaus sind die 30 Grad echt krass. Mit Dario ging es dann maximal gesittet zur Unterkunft und er ruft dort auch noch an, damit jemand kommt und mein Gepäck trägt. Felix und Oriana kommen auch aus der 23. Etage nach unten und helfen uns. Wir werden auf englisch und deutsch begrüßt und wir sind froh, dass das Krankenhaus nun Geschichte ist. Unser Zimmer ist toll, lediglich das Luftbett/Gästebett ist der Horror – jede Bewegung bekommt der andere mit.. Wir verbringen den Nachmittag auf dem Balkon, unser Platz für die nächsten Tage 🙂 Die folgenden Tagen verliefen ähnlich, meine Kondition nahm nur langsam zu. Es gab Frühstück bei 30 Grad auf dem Balkon, dann gingen wir zu einem der beiden (auch sehr teuren) Supermärkte in der Nähe, kochten Essen und…. saßen auf dem Balkon. Urlaub 🙂 Eines Nachts erlebten wir auch für ca. 90 Minuten einen Stromausfall, alle Hochhäuser um uns herum waren auf einmal dunkel. Felix erzählte uns, dass vor kurzem ein Kraftwerk abgebrannt ist.. Mal wieder live mit jemanden auf Deutsch zu reden – und mit seiner Freundin auf Englisch – war eine Wohltat. Die gelaufenen Entfernungen werden jeden Tag mehr. Musste ich mich nach dem ersten Einkauf noch hinlegen, war das die Tage darauf nicht mehr nötig.
Mit Dario vor seinem Taxi.
Am Donnerstag (23.03.) fuhr uns Dario zum Krankenhaus. Zu erst gingen wir zu Craig, um uns trotz seines Verhaltens (19:30 Aktion..) zu bedanken und ihm eine kleine Packung Rafaelo zu geben (Judith wollte ihm eigentlich Goldtaler geben 😉 ). Craig zuckte kurz zusammen, als er mich zum ersten Mal sah. Vermutlich ist er sonst immer der Größte 🙂 Sein „Büro“ ist eine fensterlose 2qm Zelle – in unseren Augen eine angemessene Strafe. Danach geht es zur normalen und zur Semi-Intensivstation – überall hinterlassen wir eine Packung Merci als Dankeschön. Die Dame aus der Verwaltung von den ersten Tagen, die trotz Verständigungsproblemen mega freundlich zu Judith war, bekam noch eine extra Danksagung. Danach ging es zu Dr. Marquez in eine Art Ärztehaus nebenan. Nach einer kurzen Untersuchung steht fest: alles gut. Freigabe zum Flug. Wir bekommen noch die Flugfähigkeitsbescheinigung auf englisch und spanisch und übergeben Dr. Marquez auch noch eine Packung Merci. Für den Chirurgen nehmen wir ein kurzes Video auf, was der Doc ihm schickt – auch er bekommt Schoki. Die haben ja alle mein Arsch gerettet. Wir warten 90 Minuten auf Dario und vereinbaren während der Rückfahrt, dass er uns am nächsten Tag zum Panama Kanal fährt. In der Unterkunft angekommen stellen wir fest, dass der eigentlich von uns angepeilte Rückflug am folgenden Montag ausgebucht ist. Mist. Wir suchen 2-3 Stunden nach Alternativen. Die meisten Flüge gehen über die USA und sind damit ein No-Go! Es bleiben Flüge über Bogota oder Istanbul. Judith schaut dann mal nach Flüge für den nächsten Tag – und dort ist der Direktflug noch frei. Aber wir können uns nicht entscheiden. Immerhin waren wir 3 Wochen in Panama und nicht am Kanal aber wir wollten auch weg, einfach weg. Wir fragen Felix, ob er eine Münze wirft (Eine Glücksmünze aus Chile, die Judith gefunden hatte, 5 peso). Das Ergebnis sagt, wir fliegen am nächsten Tag. Eine der schwersten Entscheidungen der Reise 😉 Wir buchen den Flug, sagen unseren Familien bescheid und informieren Dario, dass er erst gegen Mittag da seien muss.
Am Freitag waren wir früh wach und mega nervös. Was wird wohl der Flug bringen Dario war sogar schon 6 Minuten eher da, er wusste das wir Deutsche sind 🙂 Nach dem Security Check am Flughafen wollten wir noch Andenken kaufen, T-Shirts oder sowas. Aber es gibt nix gescheites. Dafür Wasser für 14 US Dollar. Unser Gate war noch einmal separat abgesperrt und es findet ein weiterer Security Check statt. Man will uns das Wasser abnehmen und da werde ich mit Pieps-Stimme ungemütlich. Wir zeigen der Angestellten das Schreiben von Dr. Marquez und dürfen darauf hin das Wasser behalten. Die eine Stunde Wartezeit müssen wir auf dem Boden sitzen, weil der abgesperrte Bereich nicht groß genug war. Aber um 19:00 starte der Flieger Richtung Heimat. Judith macht sich beim Start viele Sorgen und ich achtet einfach nur auf meine Atmung. Schlimme Minuten aber am Ende alles gut! Der Flug hatte richtig viele Turbulenzen, ein mal wurde Judith 10 cm aus dem Sitz gedrückt und es ging ein Schrei durch das Flugzeug.
Kaum 30 Minuten in Deutschland schon gabs was gescheites zu Essen.
Aber die 5 chilenischen Peso hatten unser Schicksal besiegelt und so erreichten wir am Samstag den 25.03. um 11:35 wieder deutschen Boden. Ich hatte Probleme bei der Einreise, das Passfoto passt nicht mehr ganz 😉 Erst nach einem Fingerabdruck-Scan war der Bundespolizist zufrieden. Zu guter letzt schleifte Judith meinen 22kg Rucksack an den wartenden Zollbeamte vorbei, weil es Gepäckwagen nur gegen Euro-Münzen gab, die wir nicht hatten. Judith ihr Bruder begrüßt uns mit je einem Gehacktesbrötchen und einer Flasche Vita-Cola. Willkommen zurück!
Zwei Sachen habe ich in Panama gelernt:
Ich hab die besten Freunde der Welt! DANKE!
Zu „stolz“ sein, um mal zum Arzt zu gehen, kann nach hinten los gehen.
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